Zahnspange für Erwachsene: Ursachen, Behandlungen und Kosten
Immer häufiger sieht man Erwachsene mit einer Zahnspange. Es kann zwei Gründe geben, warum das so ist: Entweder erhielt der Patient als Kind keine kieferorthopädische Behandlung (Vernachlässigung der Eltern oder des Kindes oder bewusste Entscheidung) oder die Behandlungsergebnisse änderten sich im Erwachsenenalter erneut.
Was Sie für Möglichkeiten haben, sich Ihre Zähne auch noch als Erwachsener begradigen zu lassen, welche Kosten anfallen und wie lange die Behandlung dauert, erfahren Sie hier.
Das Wichtigste in Kürze:
• eine Zahnspange für Erwachsene kann aufgrund von medizinischen und/oder ästhetischen Gesichtspunkten sinnvoll sein.
• eine kieferorthopädische Behandlung für Erwachsene kann mittels herausnehmbarer Apparaturen (Aligner-Schienen, lockere Zahnspangen), oder mittels festsitzender Apparaturen (konventionelle Zahnspange von außen mit Metall- oder Keramikbrackets, Lingualspange von innen) erfolgen.
• Patienten über 18 Jahren müssen die Kosten für eine kieferorthopädische Behandlung selbst tragen (Ausnahme: Kieferorthopädie in Kombination mit Kieferchirurgie).
Warum sollten Erwachsene eine Zahnspange tragen?
Sich als Erwachsener für eine kieferorthopädische Behandlung bzw. für eine Zahnspange zu entscheiden kann unterschiedliche Gründe haben. Dabei spielen ästhetische und medizinische Gesichtspunkte eine wichtige Rolle:
• Ausgeprägte Lücken oder Engstand zwischen den Zähnen – medizinische (komplizierte Reinigung, erhöhtes Kariesrisiko) und ästhetische Gründe
• Tiefer oder offener Biss – medizinische (Probleme mit dem Kauen von Essen) und ästhetische Gründe
• Großer Vorbiss oder Überbiss (umgekehrter Überbiss) – medizinische (Probleme mit der Nahrungszerkleinerung) und ästhetische Gründe
• Bukkale Nonokklusion oder Kreuzbiss (umgekehrter Kreuzbiss) – medizinische (Probleme mit dem Abbeißen der Lebensmitteln) und ästhetische Gründe
• Kiefergelenkbeschwerden – Schlafstörungen, Verspannungen Pressen/Knirschen mit den Zähnen während des Schlafes
• Psychische Faktoren – hoher Leidensdruck durch „schiefe Zähne“, soziale Isolierung
• Missverhältnis der Rot-Weiß-Ästhetik (man sieht „zu viel Zahnfleisch“)
Durch diese Auflistung kann man sehen, dass viele medizinische Gründe auch eine ästhetische Komponente haben und nicht isoliert voneinander betrachtet werden können.
Zahnspangen-Arten und Behandlungsmethoden
Es gibt viele unterschiedliche kieferorthopädische Behandlungsmethoden, die bei erwachsenen Patienten zu einem großen Erfolg (Behandlungsergebnis) führen können:
• Herausnehmbare Aligner-Schienen (z. B. Invisalign)
• Feste Zahnspange von außen (Metallbrackets, Keramikbrackets)
• Feste Zahnspange von innen (Lingualtechnik)
Feste Zahnspange von außen – Brackets
Eine der häufigsten Methoden, Zähne zu begradigen, ist die Behandlung mit festsitzenden Zahnspangen, die auf der Außenseite der Zähne befestigt werden, somit also sichtbar sind. Dabei unterscheidet man zwischen zinnfarbenen Keramik Brackets und silbernen Metall Brackets. Beide Mechanismen unterscheiden sich nur durch den Werkstoff, aus dem sie hergestellt werden; ihre Funktion aber ist gleich: Durch eine genaue Platzierung der Brackets auf der Vorderseite der Zähne und das Einligieren eines Drahtbogens, werden die Zähne nach einer bestimmten Zeit in die gewünschte Position gebracht.
Die Behandlungsdauer hängt von der jeweiligen Zahnstellungsanomalie ab und kann zwischen einigen Monaten und sogar paar Jahren liegen.
Der große Vorteil dieser Zahnspange ist: Sie kann ihre Wirkung sieben Tage à 24 Stunden die Woche entfalten und ist somit ideal für jede Art von Zahn- oder Kieferfehlstellung einsetzbar.
Alle 6 bis 7 Wochen untersucht der Kieferorthopäde den Behandlungsfortschritt und wechselt je nach Bedarf die Bögen. Der behandelnde Experte kann durch das Umkleben der Brackets, durch Einbringen von Biegungen und weiteren Tools, wie dem Einsetzen von Gummiketten und intermaxillären Gummizügen, durch die Verblockung von Zähnen mittels Drahtligaturen und anderen Methoden, die gewünschte Zahnbewegung kontrolliert steuern und somit genau auf das Behandlungsergebnis einwirken.
Der einzige Nachteil dieser Methode ist fürwahr die Sichtbarkeit der Apparatur, die einige Patienten von der Entscheidung zur festen Zahnspange abhält.
Nicht sichtbare Feste Zahnspange von innen – Lingualtechnik
Eine bekannte und bei Erwachsenen beliebte Methode zur Zahnkorrektur ist die Zahnspange von innen (Lingualtechnik), die als ebenso präzise wie die sichtbare Variante von außen eingestuft wird. Durch eine besondere 3D-Technologie werden verschiedene Brackets und Bögen produziert, die hinter den Zähnen platziert werden und die Zähne ganz unsichtbar in die gewünschte Position lenken können.
Die Lingualspange ist für jede Altersklasse sowie bei fast allen Zahn- und Kieferfehlstellungen anwendbar. Die Behandlungsdauer ist auch bei dieser Variante individuell abhängig von der Fehlstellung und beträgt zwischen ein paar Monaten bis hin zu einigen Jahren.
Bei der Lingualspange untersucht der Kieferorthopäde alle 6 bis 7 Wochen den Behandlungsfortschritt und tauscht, wenn notwendig, die Bögen aus. Dem großen Vorteil der Unsichtbarkeit der Zahnspange stehen jedoch auch ein paar Nachteile gegenüber: Bei dieser, meist nicht ganz kostengünstigen Methode, kann die Zunge stark irritiert werden und Sprachstörungen, wie z. B. Lispeln können sich entwickeln. Dies kann im Alltag als unangenehm empfunden werden, vor allem bei Patienten, die beruflich viel Kundenkontakt haben sowie bei Verkäufern, Lehrern oder Lehrerinnen.
Herausnehmbare und durchsichtige Aligner Schienen
Die Behandlung mittels durchsichtiger Aligner-Schienen (wie z.B. Invisalign) ist eine immer beliebter werdende Methode der Zahnkorrektur, denn die Zahnspange für Erwachsene ist fast unsichtbar. Durch einen gewöhnlichen Alginat-Abdruck oder einen digitalen Scan der Zahnreihen, wird ein genaues Modell der Zähne erstellt, aufgrund dessen die Zahnbewegungen und das Endergebnis bis ins allerletzte Detail geplant werden können. In jeder Schiene ist zudem eine kleine Zahnbewegung eingearbeitet, die nach und nach die Zähne in die korrekte Endposition bewegt.
Der Zahnarzt-Patient bekommt mehrere Schienen mit nach Hause und wechselt diese anschließend selbstständig. Die Aligner-Schienen sollten täglich circa 20-22 Stunden getragen und nur zum Essen aus dem Mund genommen werden. Oftmals ist es notwendig, auf einige Zähne kleine „Attachments“ zu kleben, das sind Mini-Klebepunkte aus Kunststoff, die der Schiene eine höhere Retention verleihen und somit spezielle Zahnbewegungen ermöglichen.
Alle vier bis sechs Wochen kontrolliert der behandelnde Kieferorthopäde nicht nur den Sitz der Kunststoffschienen, sondern auch die Attachments und den gesamten Behandlungsfortschritt. Ferner kann der Arzt durch weitere Tools (wie z. B. intermaxilläre Gummizüge) Behandlungs-Variationen einbringen.
Mit den Aligner-Schienen lassen sich nahezu alle Kiefer- und Zahnfehlstellungen in jedem Alter korrigieren. Die Behandlungszeit hängt dabei jedoch stark von der Zahnfehlstellung ab und variiert, wie auch bei den festsitzenden Apparaturen, zwischen ein paar Monaten und mehreren Jahren.
Der große Vorteil der „Herausnehmbarkeit“ der Aligner-Schienen ist gleichzeitig leider auch der Nachteil: Der Kieferorthopäde ist darauf angewiesen, dass der Patient die Aligner-Zahnspange ernst nimmt und diszipliniert trägt; ansonsten kann kein erfolgreiches Behandlungsergebnis erzielt werden.
Lose herausnehmbare Zahnspange
In äußerst seltenen Fällen kann bei Erwachsenen auf diese Zahnspange als alleinige kieferorthopädische Behandlung zurückgegriffen werden: Die ganz klassische, lose Zahnspange. Sie besteht aus einem Fundament aus Kunststoff und wird durch winzige Klammerarme aus Draht an den Zähnen befestigt. Außerdem verhindert ein sogenannter „Labialbogen“ eine Bewegung der Frontzähne in Richtung Lippen, also nach vorne. Es können außerdem zusätzliche Elemente wie z. B. Schrauben oder Federn in die Platte eingebaut werden, die den Kieferknochen ausdehnen sollen und die Zähne in bestimmte Positionen steuern können.
Wichtig: Durch die Aktivierung der Klammern können allerdings nur Kippungen der Zähne erreicht werden; eine richtige, körperliche Bewegung der Zähne, ja gar Wurzelbewegungen sind mit einer herausnehmbaren Zahnspange keineswegs möglich.
Lockere Zahnspangen werden bei Erwachsenen auch deshalb so selten verwendet, da der adulte Knochen schon ausgewachsen ist und sich beispielsweise durch das Drehen von eingebauten Schrauben nicht mehr dehnen kann. Daher ist eine Behandlung der meisten Zahn- und Kieferanomalien mit dieser Art von Zahnspange nicht möglich.
Zudem ist die Zahnkippung gar nicht präzise genug, um ein zufriedenstellendes Behandlungsergebnis zu erreichen. In manchen, seltenen Fällen ist die Fehlstellung allerdings so gering, dass sie durch eine lose Zahnspange korrigiert werden kann. Informieren Sie sich hierfür bitte bei Ihrem Kieferorthopäden und lassen Sie sich von Ihm ausführlich darüber beraten, ob eine herausnehmbare lockere Zahnspange für Sie eine Möglichkeit sein könnte.
Erwachsenenbehandlung – Ablauf
Der Wunsch nach einer kieferorthopädischen Behandlung ist eine Angelegenheit, die nicht unbefriedigt bleiben sollte. Der erwachsene Patient fällt seine Entscheidung meistens für sich alleine oder aber in Absprache mit seinem engsten Umkreis. Bei sehr starken Fehlstellungen, großen Lücken zwischen den Zähnen (durch z. B. Verlust eines Zahnes oder mehrerer Zähne), oder reduzierter Hygienefähigkeit (durch zum Beispiel recht eng aneinander stehenden Zähnen), überweist schließlich auch der „normale“ Zahnarzt den Patienten an den nächsten Profi – den Kieferorthopäden.
Nach einem ausführlichen Erstgespräch über die Wünsche des Patienten, inspiziert der Kieferorthopäde die Mundhöhle genauestens und erstellt eine erste Diagnose zur ganz individuellen Zahn- und Kieferfehlstellung.
Zusätzlich können Röntgenbilder erstellt, ausgewertet und mit dem Patienten besprochen werden. Auch können bei Bedarf Abdrücke oder ein 3D-Scan angefertigt werden. Nach ausführlicher Diagnostik bespricht der Kieferorthopäde mit dem jeweiligen Patienten, welche Methode für die vorhandene Fehlstellung empfehlenswert ist und ob sich diese überhaupt mit den Erwartungen des Patienten deckt. Ist dann ein gemeinsamer Konsens gefunden, schreibt der Kieferorthopäde den persönlich auf den Patienten zugeschnittenen Behandlungsplan und die Behandlung kann begonnen werden.
Voraussetzungen und Dauer der Erwachsenenbehandlung
Wie lange die Behandlung andauern wird, ist abhängig von der individuellen Kiefer- und Zahnfehlstellung. Während sich leichte Engstände der Frontalzähne in nur wenigen Monaten ziemlich einfach behandeln lassen, kann eine starke Kieferanomalie, die lediglich in Kombination mit einer Kieferoperation korrigiert werden kann, auch oftmals mehrere Jahre andauern.
Achtung: Ein kariesfreies Gebiss und ein gesunder Zahnhalteapparat sind dringende Voraussetzungen für jegliche kieferorthopädische Behandlung. Gingivitis und Parodontitis müssen zudem ausgeschlossen werden. Sind Sie aufgrund dieser Problematiken noch in zahnärztlicher Behandlung, wird stark empfohlen, diese zuerst abzuschließen und erst dann mit der eigentlichen kieferorthopädischen Behandlung respektive der Zahnspange für Erwachsene zu beginnen.
Was kostet eine Zahnspange für Erwachsene?
Je nach Schwere der Zahn- und Kieferfehlstellung, Auswahl der Behandlungsmethodik sowie Anzahl der zu behandelnden Kiefer, entstehen Kosten zwischen 1.800 Euro (festsitzende Zahnspange von außen mit Metallbrackets und Behandlung nur eines Kiefers) und 8.500 Euro (festsitzenden Zahnspange von innen und Behandlung beider Kiefer).
In manchen Praxen wird allerdings ein Festpreis angeboten. Auf diese Weise kommen keine versteckten, weiteren Zusatzkosten mehr auf Sie zu. Aufgepasst: In wieder anderen Praxen werden manche Kosten (wie z. B. Zahnreinigungen, der Verlust von Brackets und jegliche Reparaturen) zusätzlich mit dem Patienten abgerechnet.
Wie es speziell in Ihrem Fall ist, erfahren Sie im persönlichen Gespräch mit dem behandelnden Kieferorthopäden.
Zahlen eigentlich die gesetzlichen Krankenkassen?
Mit Beginn des 18. Lebensjahres werden die Kosten für eine kieferorthopädische Behandlung nicht mehr von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.
Eine Ausnahme stellen aber Patienten mit schweren Zahn- und Kieferanomalien dar, die lediglich in Verbindung mit einer Kiefer-Operation (Umstellung von Ober- und/oder Unterkiefer) behandelt werden können. Aber auch in solchen Spezialfällen bezahlt die gesetzliche Krankenkasse nur den Regelsatz der Behandlung (festsitzende Zahnspange von außen mit Metallbrackets).
Möchte der Patient im Fall einer Operation beispielsweise ästhetisch unauffälligere Keramikbrackets oder eine linguale Zahnspange eingesetzt bekommen, muss er die zusätzlich anfallenden Kosten dafür aus eigener Tasche tragen.
Fragen und Anworten
In den allermeisten Fällen ist eine kieferorthopädische Behandlung ein elektiver Eingriff (Wahleingriff). Nur bei sehr starken Zahn- und Kieferanomalien ist eine Behandlung, oft auch in Kombination mit einer Kiefer-Operation, eine wirklich zwingende Maßnahme.
In den meisten Fällen wirkt sich eine Zahn- und Kieferstellungskorrektur jedoch äußerst positiv auf den Alltag des Patienten aus und führt zu einem besseren Lebensgefühl. Ist z.B. das Abbeißen und die Nahrungszerkleinerung gestört (vielleicht durch einen zu großen Überbiss, offenen Biss oder Vorbiss), kann das den persönlichen Alltag ganz massiv einschränken.
Wenn Fehlstellungen zu Kiefergelenkproblemen, Knirschen und Zähnepressen in der Nacht führen, ist ein Durchschlafen kaum mehr möglich und der Patient hat mit ständigen Schmerzen und Müdigkeit zu kämpfen.
Doch auch ästhetische Gesichtspunkte haben einen ernst zu nehmenden Stellenwert. In vielen Fällen ziehen sich Patienten aufgrund ihrer „schiefen Zähne“ zurück, isolieren sich mehr und mehr von der Gesellschaft und knüpfen außerdem weniger soziale Kontakte. Ein gerades Lächeln steigert ganz offensichtlich das Selbstbewusstsein eines Menschen und kann somit einen positiven Effekt auf die psychische Gesundheit haben.
Die Behandlungsdauer ist stets abhängig vom persönlichen Ausmaß der Zahn- und Kieferfehlstellung und von der ausgewählten Anwendungstechnik der Zahnkorrektur. Die Behandlung von leichten Engständen der Frontzähne beispielsweise kann meist innerhalb weniger Monate erfolgen, wohingegen größere Fehlbisse, oft auch in Kombination mit Kiefer-Operationen, über mehrere Jahre hinweg andauern können – eben bis das gewünschte Behandlungsergebnis erreicht ist.
Genetische Faktoren, wie z.B. individueller Knochenstoffwechsel sowie die Disziplin des Patienten spielen ebenfalls eine nicht minder große Rolle. Trägt der Patient seine Aligner-Schienen beispielsweise nur die Hälfte der vorgeschriebenen Zeit oder verpasst regelmäßig seine vorgeschrieben Kontrolltermine, kann es schnell zu einer zeitlichen Verzögerung des Behandlungszieles kommen.
Wichtig: Es muss ebenfalls bedacht werden, dass bei schweren Erkrankungen des Zahnhalteapparates die plötzlich auftreten, die kieferothopädische Apparatur zeitweise abgenommen werden muss, um die vorhandene Beeinträchtigung zu therapieren. Auch dies kann die Behandlungsdauer natürlich verlängern.
Aus diesen Gründen ist es sehr wichtig, vor dem eigentlichen Behandlungsbeginn einen Kontrolltermin bei Ihrem Haus-Zahnarzt zu vereinbaren und zudem vorab mit Ihrem Kieferorthopäden über die vorgesehene Behandlungsdauer zu sprechen.